Heute folgt der nächste große Schritt in meiner Ausbildung. Der erste Navigationsflug von Donaueschingen (EDTD) nach Friedrichshafen (EDNY). Bereits zuhause habe ich mir die aktuelle NOTAM (notice to armen)eingeholt. In der Flugschule habe ich anhand des Kartenmaterials die einzelnen Flugabschnitte studiert und markante Punkte verinnerlicht. Herr Naujokat gab mir die Möglichkeit dies in Ruhe zu machen, als ich dann fertig war haben wir gemeinsam die finale Flugvorbereitung erstellt. Mit Lineal und Bleistift haben wir die Route in die Karte eingezeichnet sowie unsere einzelnen Navigationspunkte nach Entfernung und Flugzeit errechnet und im Flugdurchführungsplan vermerkt. Die Wetterberatung haben wir dann noch kurz besprochen.
Selbstständig habe ich nun die R22 getankt und vorbereitet. Ich bin mitten im Check als Herr Naujokat mit einem Schmunzeln zur Maschine kommt. Da bemerke ich es und muss auch lachen. Gestern hatten wir noch davon gesprochen, die Kopfhörer für die Piloten müssen vor dem Anlassen auf Vollständigkeit geprüft werden. Schönes Ei hat er mir da gelegt, denn diese haben heute natürlich gefehlt. Danke! Das werde ich mir aber sicher für die
Zukunft merken. Fehler in der Schule machen – so lernt man am Besten. Nachdem nun alles an Bord ist geht es los in Richtung Friedrichshafen.Beim heutigen Flug soll meine Konzentration vor allem auf der Koppel-Navigation liegen, also Zeit und geografische Punkte abstimmen und erkennen. Das Wichtigste: Wissen wo man sich gerade befindet. Aber wie im Lehrbuch verfliege ich mich natürlich in den ersten 5 Minuten um 15° nach rechts. Den Kompass habe ich falsch gelesen. Also wieder Bezugspunkt auf der Karte und dem Boden suchen! Gefunden! Und wieder auf die alte Route zurück.
Als wir dann sauber auf Kurs fliegen beginnt es aus heiterem Himmel höllisch laut zu klappern und zu pfeifen. Ein hochfrequentes Geräusch. Wir bleiben ruhig und ich steuere den Hubschrauber ganz normal weiter. Herr Naujokat prüft sofort
- die elektrischen Verbraucher
- Heizungsmotor – An/Aus
- Alternator – An/Aus
- Prüfung des Funkgeräts (An/Aus) – Das Geräusch verschwindet für einen kurzen Moment
Danach übernimmt er das Steuer und stellt den Hubschrauber abwechselnd mit den Pedalen in den Wind sowie gegen den Wind. Das Geräusch wird aber stärker und schwächer. Dann sehe woran es liegt. Das kleine Schiebefenster an meiner Seitentüre. Weil der kalte Fahrtwind durch den Spalt am Schiebefenster durchdrückt, wurde dieser mit Tesafilm angeklebt. Dieser Tesafilm hatte sich nun gelöst und das Geräusch verursacht. Wir sind beide mehr als erstaunt, dass dies so ein Geräusch auslösen konnte. Herr Naujokat findet es super, dass man nie auslernt und so etwas während der Flugstunde passiert – 2000ft. AGL (über Grund), eine weitere Erfahrung die mich bereichert.
Nun konzentrieren wir uns wieder voll auf unseren Flug und steuern nun vom Überlinger See der Küste entlang Richtung Meersburg. Friedrichshafen hat eine Kontrollzone, in welcher wir uns 5min. vor Eintritt anmelden müssen. Dies macht der Fluglehrer noch für mich, das Wetter ist diesig geworden und die Sicht eher schlecht, ich habe noch genügend mit der Navigation und dem Fliegen zu tuen. Wir bekommen vom Tower aufgrund der Wetterverhältnisse einen für uns besseren Einflugpunkt zugeteilt. Diesen hatten wir in unserem Flugdurchführungsplan heute vormittag nicht berücksichtigt und müssen nun improvisieren. Kein Problem, dies kann immer passieren. Also suchen wir uns Punkte am Boden und navigieren so in Richtung der vorgegebenen Pflichtmelderoute Whisky. Als wir diesen erreicht haben, fliegen wir über Friedrichshafen bis wir querab des Runways sind, dabei achten wir darauf über weniger besiedeltem Gebiet zu fliegen (Lärmschutz). Wir gehen in den Endanflug über und funken nochmals. Dann geht es schnell und präzise runter. Und schon habe ich meine erste Landung auf einem größeren Flugplatz durchgeführt – ich freue mich riesig und kann mir mein lachen nicht verkneifen. Wir hovern über die Taxiways, zu unserer über Funk zugewiesenen Abstellposition. Wir werden vom Shuttleservice zum Terminal gebracht. Dort gehen wir in den Briefingraum für Piloten und besprechen den Flug. Danach heißt es erstmal Mittagspause und Kräfte tanken für den Rückflug! Ich genieße noch die Atmosphäre am Flugplatz und schaue mir die großen Jets auf dem Vorfeld an.
Dann geht es wieder zurück. Bevor zum Hubschrauber gebracht werden heißt es durch den Sicherheitscheck zu gehen. Dann wieder das inzwischen gewohnte Prozedere. Check und Anlassen der R22. Nun funke ich mit dem Tower. Habe mir einen kleinen Spickzettel gemacht, damit auch ja alles klappt. Nach dem wir gestartet sind darf ich Richtung Konstanz navigieren. Dazu fliege ich erst nach Überlingen und quere dann zur Insel Mainau den Bodensee. Dort geht es der Küste entlang Richtung Freibad Horn und schlussendlich über die Stadt Konstanz. Was für ein Ausblick bei strahlendem Sonnenschein! Ich fliege über die Rheinbrücke und erkenne die Altstadt und das Wollmatinger Ried von oben. Jetzt soll ich der Autobahn von Allensbach aus nach Donaueschingen folgen. Ich genieße das Fliegen in vollen Zügen und versuche dabei die Höhe sauber zu halten. Ich bekomme nun vom Fluglehrer die Bezugspunkte für den Anflug genannt, so finde ich unseren Flugplatz und beginne das sinken. Erfolgreich lande ich und hover nach einem aufregenden Tag die R22 vor den Hangar und stelle sie dort ab.
Im De-Briefing wird mir klar, ich bin heute selbstständig nach Friedrichshafen, einem großen Flugplatz und wieder zurück geflogen. Damit habe ich heute nicht nur das Tagesziel zufrieden erreicht, sondern auch einen großen Schritt nach vorne gemacht.