Heute morgen ist nochmals ein Theorieblock geplant. Wir erstellen gemeinsam die Mass&Balance für unseren Hubschrauber – mit der Kennung D-HYES. Dafür müssen wir anhand unserer bekannten Größen (Gewicht Pilot, Fluglehrer, Kraftstoff) und der fixen Angaben des Hubschraubers die Schwerpunkte berechnen. Dabei hilft uns ein Formular, die Werte werden in ein Diagramm übertragen anhand dessen wir sehen wo genau der Schwerpunkt liegt. Ebenso berechnen wir unsere Schwebeflughöhe außerhalb des Bodeneffekts (HOGE) und unsere Dauerleistung. Danach nehmen wir uns die Aerodynamik eines Hubschraubers vor. Wir studieren die Details des Rotorblatts sowie den Einfluss des Übergangsauftriebs bei ca.25KIAS (knoten). Also wie der Auftrieb erzeugt wird und mit welchen Kräften wir arbeiten. Danach beginnen wir mit unserem Briefing für unsere heutige Praxis. Es steht auf dem Programm: Verzögern und Beschleunigen, Steig+Sinkflug mit Fahrt oder Leistung sowie Kurvenflug mit 15° und 30° Schräglage. Die nötige Flugvorbereitung (mass&balance) haben wir heute früh bereits gemeinsam gemacht sodass es nun zur R22 geht. Ich darf diese selber aufbocken und ziehe sie dann zur Tankstelle auf das Vorfeld. Dort bekomme ich eine Einweisung ins Tanken. Wichtig! Immer die Tankdeckel während des Tankvorgangs auf die Sitze legen damit diese nachher nicht vergessen werden. Nachdem ich den Haupttank und den Zusatztank gefüllt habe, beginne ich mit dem Innencheck nach Checkliste. Als Einführungsübung wird erst wieder gehovert, also Schwebeflug in Bodennähe. Damit ich langsam wieder reinkomme, übernehme ich nach und nach die Steuerorgane. Ich bin überrascht, heute scheint ein guter Tag zu sein, es klappt sehr gut. Ich fühle mich daher richtig wohl. Trotzdem, meine verkrampfte Haltung (vor allem im Rücken) und innere Anspannung bleibt. So konzentriert habe ich noch nie etwas gemacht, meine Augen sind ständig nach der Suche nach einem Bezugspunkt damit ich die Maschine ruhig halten kann. Das Zusammenspiel mit Pedalen und Stick ist für mich am Schwierigsten. Einmal den Bezugspunkt verloren und falsch reagiert und schon geht es in die falsche Richtung! Aber heute klappt es ganz gut und wir schweben nun Richtung Runway. Durch eine Kippbewegung nach vorne beschleunigen wir. Bei ca. 45KIAS (Knoten) beginnen wir zu steigen und heben ab. Wir halten die Geschwindigkeit bis wir 3200 ft. erreichen und gehen in den Reiseflug über. Dazu rollen wir nach vorne und erhöhen die Vorwärtsgeschwindigkeit. Jetzt kann ich die am Vormittag durchgenommene Theorie zur Aerodynamik besser verstehen. Alles ergibt nach und nach im praktischen einen Sinn. Für mich persönlich könnte das lernen so nicht besser sein. Wir tasten uns nach und nach an die verschiedenen Flugübungen ran, dabei kommt es auf die genaue Steuerung der Leistung und der Einhaltung der Geschwindigkeit an – immer wieder wandert das Auge von den Instrumente zum Bezugspunkt und der Kopf versucht alles mit der Steuerung von Händen und Füssen zu kombinieren. Das ist Arbeit – macht aber mega Spaß.
Nach knapp 1h gehen wir in den Sinkflug und folgen dabei einem Tal, schlussendlich landet Hr. Naujokat am Gasthof Sommerau, mitten im Schwarzwald gelegen. In unserem Endanflug achten wir auf die Pferde, die angrenzend auf der Weide sind. Er übernimmt die Steuerung – erfahren steuert er den Hubschrauber so, dass die Pferde kaum etwas mitbekommen. Wieder etwas gelernt! Wir belohnen uns für den erfolgreichen Vormittag mit einem leckeren Essen, es ist eine tolle Atmosphäre dort. Wir unterhalten uns sehr gut und lernen uns besser kennen. Nach dem wir ausreichend gekräftigt sind gehen wir wieder zurück und ich beginne mit dem Außen und Innencheck.
Wir starten wieder und steigen steil auf. Das Mittagessen war so gut – aber hat uns auch etwas Schlapp gemacht, das spüren wir nun. Wir entscheiden noch ein paar Übungen zu machen und nach unserer eigenen Leistung die Dauer der zweiten Einheit zu bestimmen. Ich wiederhole zum Vertiefen die einzelnen Übungen vom Vormittag. Dann führe ich Kurvenflüge in 15°C und 30°C Schräglage aus. Dabei ist die Geschwindigkeit zu halten um nicht an Höhe zu gewinnen oder zu verlieren. Da braucht es eine ruhige und ordentliche Führung des Sticks. Danach merken wir aber es reicht für heute und gehen auf Kurs EDTD Donaueschingen. Ich werde angeleitet und bemerke es kaum, aber ich bin kurz davor zu landen. Und tatsächlich, ich schaffe es – ich bringe den Hubschrauber bis auf Hoverhöhe auf dem Flugfeld runter. Wahnsinn – das hätte ich heute früh nie für möglich gehalten.
Danach hover ich zur Tankstelle und setze den Hubschrauber dort selbstständig ab. Nach dem wir wieder getankt und den Hubschrauber in den Hanger gefahren haben geht es zum De-Briefing. Wir gehen in Ruhe den ganzen Flugtag durch und besprechen die geflogenen Verfahren. Dazu bekomme ich ein Feedback zu meiner Leistung und ich gebe mein Feedback ab. Wir sind uns beide einig, vor dem Mittagessen war es sehr gut, danach haben wir auch noch gut gearbeitet – das Essen war aber eindeutig zu lecker. Ich gehe mit sehr tollen Eindrücken nachhause und freue mich auf den nächsten Tag.