Ein besonders lehrreicher Ausbildungstag

21 März 2016
21 März 2016, Kommentare 0

Heute früh ist mir etwas passiert, was mich den ganzen Tag nicht losgelassen hat. Wie gewohnt sollte ich den Hubschrauber checken und anlassen. Nachdem der Motor läuft und ich die Drehzahl auf 75% fahre, folgen weitere Checkpunkte. Dann bemerke ich, dass die Drehzahl bei 80% steht und möchte diese wieder nach unten auf 75% korrigieren. Dabei verwechsle ich die Gas-Drehrichtung und anstatt weniger, gebe ich mehr Gas. Der Governor war noch aus, die Drehzahl steigt und der Fluglehrer greift ein. Wir reduzieren wieder auf 75%.

Was war da mit mir los?! Eine Sekunde geschlafen und unachtsam gewesen. Gut dass mir das in der Schulung und am Boden passiert, besser hätte ich wohl nicht lernen können. Durch den Vorfall lasse ich mich aber nicht aus der Ruhe bringen und gehe weiter meine Checkliste durch. Dennoch soll es mich den Tag über nicht loslassen.

Nach einer Platzrunde geht es wieder zu unserem Schräghang wo ich gleich verschiedene Landungen und Starts durchführen soll. Mein Fluglehrer gibt mir noch ein paar kleine Verbesserungsvorschläge, ist aber mit der Leistung voll zufrieden. Das freut mich sehr, ist mir dieses Verfahren in den letzten Sessions doch eher schwer gefallen.

Nun hovern wir auf die Start- und Landepiste. Ich soll beschleunigen und bei 30KIAS Vorwärtsfahrt mit 24inch Leistung in den Steilstart übergehen. Wir fliegen eine Runde und bereiten uns auf die Steillandung vor. Bei meinem Anflug vergesse ich jedoch die Vergaservorwärmung auf alten Wert zu stoßen. Bei dem kaltem Wetter ist das noch gut gegangen, bei sommerlichen Temperaturen wären wir jedoch in einen Grenzbereich gekommen. Herr Naujokat erklärt mir, dass wir durch die noch gezogene Vergaservorwärmung 3inch weniger zu Verfügung hatten (1inch = 7PS, also ca. 21PS weniger Leistung). Die einzelnen Checks, welche während dem Flug zu erledigen sind erfordern zusätzliche Konzentration von mir. Man darf nicht einfach nur ablesen, sondern muss auch tuen was verlangt wird.

Nun übernimmt der Fluglehrer wieder das Steuer und demonstriert mir unsere nächste Übung – Steilstart und Landung ohne Vorwärtsfahrt. Dazu heben wir vom Boden ab und steigen senkrecht auf 2400ft MSL / 170ft AGL (50m über Grund). Dann rollen wir über, nehmen Fahrt auf und beschleunigen auf 60KIAS bevor wir in den Reiseflug übergehen. Wir fliegen eine kleine Platzrunde und reduzieren die Fahrt auf 0KIAS bis wir  wieder auf der Piste, an der Halbbahn-Markierung landen. Nun steigen wir wieder senkrecht auf 50m über Grund, nach einer kleinen Platzrunde schweben wir zwischen 2 Hallen auf dem Flugplatzgelände in unserer Ausgangshöhe von 2400ft MSL / 170ft AGL (50m über Grund). Bevor wir beginnen  den Hubschrauber senkrecht in die Fläche zwischen den beiden Hallen zu senken ist es wichtig, die Beschaffenheit am Boden zu studieren und zu prüfen ob der Heckrotor hinter uns frei ist. In unserem Landebereich befinden sich nicht nur kleine Äste und Erdhügel, sondern auch ein Zaun. Um diesen nicht zu Streifen, behelfen wir uns mit einem Baum als seitlichen Bezugspunkt. Nun sinken wir langsam und setzen den Hubschrauber sauber ab. Nun bin ich an der Reihe und fliege diese Übung nach. In den ersten Anflügen zu unserem Ausgangspunkt in 2400 ft. MSL, bevor wir senkrecht landen, komme ich noch mit einer kleinen Sinkrate an. Das soll so nicht sein. Also heißt es weiter üben und beim nächsten Anflug darauf achten. So taste ich mich Runde für Runde ran und schließlich klappt es einwandfrei! Wichtig, beim senkrechten Sinken ohne Fahrt, darf die Sinkrate max. 300ft/Min. betragen, um nicht in den eigenen downwash zu geraten – Gefahr vom Vortex Ring / Wirbelringstadium.

Schaut euch mal das Video an, hier seht ihr das Ganze aus der Cockpit Sicht und von außen!

Nachdem wir eine Pause gemacht haben geht es am Nachmittag weiter. Wir fliegen von Donaueschingen in Richtung Bodensee. Herr Naujokat lässt mich nun Steig- und Sinkflüge mit Leistung fliegen während ich auf den Hegau zusteuere. Damit sich diese nach und nach einprägen, baut mein Fluglehrer die Übungen immer wieder in den Flugablauf mit ein. Diesmal versucht er mich  noch dazu in Gespräche zu verwickeln. Zunächst denke ich mir nichts dabei, jedoch merke ich rasch, wie sich durch mein Zuhören die Flughöhe und Fluggeschwindigkeit verändert. Ich habe die Flinte gerochen und konzentriere mich nun in erster Linie auf mein Fluggerät welches ich Steuere.

Inzwischen haben wir die Insel Reichenau überflogenen und gehen auf Konstanz zu. Letzte Woche haben wir bereits den 2 Minuten Turn geübt. Diesen soll ich nun über Konstanz wiederholen. Der erste Anlauf klappt leider nicht so gut,  der zweite dafür umso besser. Um den 2 Minuten Turn korrekt zu fliegen muss ich folgende targets einhalten: Für 90° je 30sek. benötigen, damit ich nach 2min. einen kompletten Turn um 360° geflogen bin. Geschwindigkeit und Höhe sind in der Kurve natürlich zu halten. Damit ich weiß, mit welcher Schräglage ich die Kurve fliegen muss, nutze ich folgende Faustformel: (True Air Speed ÷ 10) + 7 = x° Schräglage. Wichtig bei dieser Übung ist, dass man die Fahrt konstant hält und nicht dem Variometer hinterher “läuft”.

Das Wirbelringstadium

Nun fliegen wir weiter in Richtung Meersburg und überqueren dabei den Bodensee. Unter uns fahren die Autofähren. Ich kann die Aussicht kurz genießen bevor es an die nächste Aufgabe geht. Herr Naujokat lässt mich einen Quickstop auf 30KIAS machen. Dann übernimmt er das Steuer und demonstriert mir dass heute früh im Briefing besprochene Wirbelringstadium (s. unten). Er zieht die Fahrt bis auf 0KIAS raus, wir verlassen unseren Übergangsauftrieb und müssten nun Leistung hinzufügen – dies macht er jedoch nicht. Wir verlieren also dadurch den Übergangsauftrieb und beginnen zu sinken. Es vibriert und wackelt allmählich im Hubschrauber. Die Sinkrate wird immer größer. Ein komisches Gefühl…

 

Wie kommen wir da wieder raus? Wir senken den Pitch (um den Einstellwinkel der Rotorblätter zu verkleinern) und drücken den Stick nach vorne. Bei 30KIAS Fahrt haben wir frische Luftmassen von vorne und können recovern. Jetzt ziehen wir die maximale Leistung am Pitch. Die Fahrt halten wir bei 60KIAS. Das Resultat, wir haben gerade einmal 200ft. während dem recovern an Höhe verloren. Jetzt darf ich diese Übung mehrmals wiederholen. Die größte Sinkrate im Wirbelringstadium erreichen wir heute mit 1200ft/min. – das fühlt sich dann schon sehr, sehr unruhig an! Herr Naujokat weißt nochmals ausdrücklich darauf hin, der größte Fehler beim recovern ist, am Pitch zu ziehen, nur der obige Ablauf ist richtig und bringt einen aus der Situation wieder sicher heraus.

Damit geht wieder ein aufregender und spannender Ausbildungstag zu Ende. Trotzdem war es mit dem Erlebnis heute früh (dem verwechseln der Gas Drehrichtung) ein ganz spezieller. Ich hab schon ein wenig darauf gewartet wann der erste Fehler aus Unachtsamkeit passiert. Es gibt gute und schlechte Tage, auch in der Ausbildung – das ist menschlich. Aus Fehlern kann ich nur lernen! Für mich persönlich nehme ich mit, die Fliegerei erfordert zu jeder Sekunde meine 100%ige Aufmerksamkeit und ohne Erfahrung und Übung geht es nicht voran.

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