Ein Tag der besonders werden soll
Wie gewohnt fahre ich zur Flugschule. Noch immer muss ich an meinen bestandenen Checkflug von Samstag vormittag denken. Ohne dass ich es wusste, bietet mir Herr Naujokat dann im heutigen Briefing an, meinen ersten Soloflug zu machen. Wirklich?! Natürlich ja, ich freue mich riesig!
Davor besprechen wir noch einige Punkte und bereiten den Flug gemeinsam vor. Er sagt mir, dass es bei der ersten Solo-Platzrunde möglich ist, dass ich mit dem Landeanflug zu weit komme. Dann soll ich nicht zwanghaft zur Halbbahnmarkierung sondern weiter schweben, um dann zurück hovern. Nach jeder Platzrunde soll ich mich hinsetzen bevor ich wieder in die nächste starte. Alles klar, dann kann es ja los gehen!
Ich gehe zum Hubschrauber, erledige die Checks und starte die R22. Die erste Platzrunde fliegen wir noch gemeinsam – wenn dabei alles passt und ich mich wohl fühle darf ich allein fliegen.
Nach der ersten Platzrunde mit dem Fluglehrer gibt es nichts zu beanstanden. Herr Naujokat ist sehr zufrieden mit meiner Leistung und ich soll zum Hangar hovern. Dort steigt er aus und holt Paul! Paul ist ein 25Kg schweres Gewicht – er hilft mir mit dem neuen Schwerpunkt ohne Fluglehrer besser klar zu kommen. Paul wird unter den Sitz verstaut, trotzdem bleiben noch 55Kg Differenz übrig um die der Hubschrauber nun leichter ist.
Ich starte in meinen ersten Soloflug
Dann schließt Herr Naujokat die Türe – diesmal von außen. Ich sitze alleine im Hubschrauber, atme kräftig durch und freue mich riesig auf dass was nun kommt. Beginnen tue ich mit meinem check for departure, Funke zum Tower und hebe schließlich das erste Mal solo ab. Die R22 ist etwas unruhig. Der Wind, der veränderte Schwerpunkt und das leichtere Gewicht sind noch etwas ungewohnt für mich. Trotzdem fühle ich mich sicher und hover in Richtung Rollhalt Bravo, dabei bin ich hochkonzentriert an der Steuerung.
Die ersten Meter Schwebeflug, ganz alleine – das ist schon ein Erlebnis für sich! Jetzt ab auf die Piste und raus in die Platzrunde. Ich will fliegen! Der Start klappt klasse und ich steige mit Steigperformance auf. Nun steuere ich also nach 3 Monaten Ausbildung, alleine den Hubschrauber in die Platzrunde. Dieser Moment ist etwas ganz Besonders und wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Trotz aller Freude und Beigeisterung halte ich mich konzentriert an meine Checks und bereite mich nach dem Gegenanflug auf den Sinkflug vor. Damit der andere Flugverkehr weiß wo ich gerade bin, halte ich ständig Funkkontakt mit dem Tower und gebe mein Position bekannt.
Herr Naujokat hat mir heute früh noch gesagt, dass ich höchstwahrscheinlich bei der ersten Landung mehr Strecke zurücklegen werde als gewohnt. Genauso kommt es auch, durch das geringere Gewicht im Hubschrauber reduziere ich die Leistung zu wenig/spät und teile mir meine Sinkrate falsch ein. Ich komme nach der Halbbahnmarkierung an. Über Funk erfahre ich von meinem Fluglehrer es waren ganze 300m. Also gleich wieder in die nächste Platzrunde und verbessern. Insgesamt fliege ich 5 Platzrunden und verbessert dabei die Einteilung der Sinkrate, sodass die letzten beiden Landungen auf dem Punkt der Halbbahnmarkierung sitzen!
Jetzt bin ich aber ganz schön geschafft, das Fliegen heute alleine hat mich deutlich mehr Energie gekostet! Also hover ich zum Hangar zurück und setze den Hubschrauber ab, dies erfordert nochmals meine vollste Konzentration. Immerhin passieren die meisten Unfälle beim Abnehmen und Absetzen. Trotz starken Winds schaffe ich das Absetzen ohne Probleme und der erste Soloflug ist damit beendet.
Meine Taufe
Jetzt kommt ein sehr schöner Teil, mein Fluglehrer, sein Geschäftspartner Roland Funke sowie der Flugbetriebsleiter Michael Schlereth kommen zur Maschine um mir zu gratulieren. Herr Naujokat hält dazu noch eine kleine und persönliche Ansprach, was ich sehr toll finde und seine Wertschätzung für das heutige Solo unterstreicht! In seiner Rede zieht er einen geschichtlichen Vergleich zu Otto Lilienthal. Dieser führte den ersten Menschenflug am 02.November 1891 in Berlin durch. Mit seinem eigens konstruierten Gleitapparat segelte Lilienthal “für sein erstes Solo” von einem 15m hohen Hügel. 125 Jahre später steige ich für mein erstes Solo in einen Hubschrauber. Eine Zeit in der sich in der Fliegerei bahnbrechendes und weltbewegendes getan hat. Herr Roland Funke, sein Geschäftspartner gratuliert mir ebenfalls. Er merkt zudem noch an, das am 20.Juli 1969 mit Apollo 11 die erste Mondlandung gelungen ist, der Satz – “the eagle has landed” steht für eine weitere technische Errungenschaft in der Luftfahrt und geht in die Geschichte ein. Wir sehen also was der Mensch bis heute in der Fliegerei alles erreicht hat und können nur erahnen wo die Reise in den kommenden Jahrzehnten wohl hingeht. Für mich heißt das, ich bin heute einen großen Schritt näher gekommen, als ein Teil dieser Fliegerwelt dies miterleben zu dürfen.
Dann kommt noch das Traditionelle “auf den hintern klopfen” und die Glückwünsche: “many happy landings!” Es ist ein besonderer und toller Tag – mein erstes Solo werde ich sicherlich nicht vergessen!
An meinen Fluglehrer:
Vielen Dank Kai, für die bisherige Unterstützung und die professionelle sowie tolle Zusammenarbeit. Auf die nächsten Steps in unserem Schulungsablauf freue ich mich.