Am Samstagabend den 04.Dezember telefonierte ich mit meinem Fluglehrer Kai. Wir wollten zusammen am Sonntag fliegen gehen. Also stellte er mir eine Aufgabe. Die Vorgaben waren:
Flugvorbereitung Hin- und Rückflug wegen eines Kundentermins um 12:15 in der Max-Reger Halle in Weiden in der Oberpfalz
Navigieren ohne GPS durch Koppelnavigation (Sichtflugnavigation in Verbindung von Checkpunkten und Zeit)
Noch abends habe ich mich an die Flugplanung gemacht, um am Sonntagmorgen – nach einem Wettercheck- direkt zum Flugplatz aufzubrechen.
Das Wetter war nicht so gut wie samstags vorhergesagt. Trotz des eher bescheidenen Wetters stimmten wir die Flugplanung ab und machten uns startbereit.
In der Luft war schnell klar, dass es durch die aufliegende Bewölkung auf der Schwäbischen Alb nicht möglich ist, direkt auf Kurs in Richtung Weiden zu gehen. Da das Wetter für das Zielgebiet aber „gut“ vorhergesagt war, setzten wir den Flug fort und suchten nach einem Plan B. Wir hörten die ATIS ( Wetter Funk für An/Abflüge)von Stuttgart ab. Das Wetter in Stuttgart war mit guten Sicht- und Wetterverhältnissen ideal. Also flogen wir die A81 entlang, erst Richtung „Sulz VOR“ (Funk Navigationsanlage) und dann Richtung Stuttgart. Bis zur Burg Hohenzollern war die Sicht mäßig und die Wolkengrenze immer auf der Alb aufliegend. Um eine bessere Fernsicht zu bekommen und um Stromleitungen besser zu erkennen, mussten wir teils auf 500ft AGL (die Sicherheitsmindesthöhe) runter. Ab Reutlingen lockerte die Bewölkung auf und ging in einen blauen Himmel über. Also drehten wir wieder direkt auf Kurs nach Weiden, aber nicht zu hoch, da wir dem Gegenwind etwas entkommen wollten. Vor Weiden hatte ich dann kurzzeitig die Orientierung verloren, da es kaum eindeutige Orientierungspunkte in der Landschaft gab. Mit Auftauchen des Funkturms auf dem Waltersberg war klar, dass ich auf zwei Flugbeschränkungsgebiete (ED-R 137 A/B) zusteuerte. Um deren Aktivität abzufragen kontaktierten wir „München Info“ ( Fluginformationsservice über Funk). Obwohl eigentlich untypisch, waren beide auch am Sonntag aktiv. Somit war Vorsicht geboten. Immerhin ist das unerlaubte Einfliegen in ein solches Gebiet eine Straftat. Um uns mehr Luft zu verschaffen, drehten wir um ca. 45° nach links. Danach begann auch schon der Landeanflug auf Weiden. Das Taxi war -wie bestellt- pünktlich, und wir waren um 12:10 an der Max-Reger- Halle in Weiden.
Zurück am Flugplatz checkten wir nochmals das Wetter für den Rückflug. Die GAFOR -Vorhersage ließ auf einen entspannten Rückflug bei schönem Wetter schließen. Es wurde für ganz Süddeutschland „C“ (keine Einschränkung durch verminderte Sicht oder Wolkenuntergrenzen) vorhergesagt. Also starteten wir den Hubschrauber und flogen Richtung Heimat los. Es war superschöner blauer Himmel, die Sonne vor uns und der Wind im Rücken – traumhafte Bedingungen! Das Navigieren war so viel einfacher, als auf dem Hinflug. Doch dann sank die Sonne immer tiefer und die Fernsicht wurde wieder eingeschränkt. Aber sonst verlief der Flug bis zum Flugplatz Giengen/Brenz ( EDNG) gut. Nun bildeten sich Wolken vor uns, direkt in unserer Flughöhe. Also sanken wir, um die Wolken zu unterfliegen. Doch je weiter wir sanken, desto tiefer wurde die Bewölkung. Schließlich verringerten wir unsere Geschwindigkeit, und mussten erkennen, dass vor uns die Wolken erst unter die 500ft AGL reichten und dann bis zum Boden: wie eine dunkle Wand. Also drehten wir zuerst mal um, um wieder eine sichere Höhe und Geschwindigkeit zu erreichen. Kai griff jetzt ein, und wir diskutierten 2 Möglichkeiten, während wir wieder die ATIS von Stuttgart abhörten.
Die eine Möglichkeit wäre -wie schon beim Hinflug- den Flug weiter nördlich unter die Wolken bis Stuttgart zu legen, und dann wieder die A81 Richtung Donaueschingen zurück. Das Wetter in Stuttgart war vielversprechend, doch wieder mit einem erheblichem Umweg verbunden.
Die zweite Möglichkeit wäre ein Flug über den Wolken, was aber nicht mehr mit Sichtflugnavigation geleistet werden kann.
Nach Abwägung aller Möglichkeiten entschieden wir uns für Variante 2.
Also stieg ich durch ein offenes Wolkenloch und ging wieder auf direkten Kurs nach Donaueschingen. Kai schaltete die GPS Geräte ein. Wir verschafften uns einen vertikalen Wolkenabstand von mehr als 1000ft; ein Ende der Bewölkung war soweit wir sehen konnten nicht in Sicht. Um diese zweite Möglichkeit „VFR on top“ (über den Wolken) zu fliegen, mussten wir aber sicher sein, dass es im Zielgebiet um Donaueschingen wolkenlos ist, um gefahrlos wieder Landen zu können. Dazu checkte Kai diverse Webcams (wetterklima.de) und aktuelle Wetterberichte (Aerowetter App). Das Wetter ließ eine sichere Landung in Donaueschingen zu, da es wolkenlos war. Also flogen wir über den Wolken in Richtung Donaueschingen. Rechtlich ist das zwar erlaubt, doch die Gefahren dabei waren uns beiden bekannt. Schon bei meiner PPL(H) Ausbildung hatten wir das theoretisch besprochen.
Mit einem einmotorigen Hubschrauber ist das eine gewagte Sache, da man im Falle eines Triebwerksausfalls keine Notlandeflächen sehen kann.
Trotzdem setzten wir den Flug nun mit 2 GPS Geräten fort. Um sicherzugehen, dass unsere bisherigen Wetterinformationen stimmten, und als Alternative zum Smartphone( falls kein Empfang,Akku leer), riefen wir über unser Funkgerät Langen- Information. Kai erfragte zuerst das Wetter in Donaueschingen, worauf der Fluglotse uns bat zu warten. Nachdem er direkt am Flugplatz in Donaueschingen angerufen hatte, bestätigte er uns das gute Wetter. Kai erfragte noch den Status der Flugbeschränkungsgebiete ED-R 132A und 132B bei Messstetten um auch hier nicht unerlaubt einzufliegen. Diese waren beide inaktiv. Der Lotse gab uns einen Transpondercode, den wir einstellten sollten, damit uns der Lotse auf seinem Radarschirm im Auge behalten konnte. Mit 2 paar wachsamen Augen auf GPS und Triebwerksüberwachungsinstrumente setzten wir den Flug weiter fort. Als sich allmählich eine Routine beim Instrumentencheck eingestellt hat und die Aufregung ein bisschen abflaute, konnte ich die Aussicht genießen. Trotz eines flauen Gefühls im Bauch, war es einer der schönsten Ausblicke die ich jemals gesehen hatte. Die Wolken unter uns sahen aus wie Watte. Strahlendes Weiß und immer wiederkehrende Wellenstrukturen so weit das Auge reichte. Über uns der stahlblaue Himmel und Flugrichtung in den Sonnenuntergang.
Nach 50 Minuten- die sich mehr als doppelt so lange anfühlten- lockerte sich die Bewölkung unter uns auf und wir konnten wieder den Boden sehen. Ab dem Segelflugplatz Klippeneck löste sich die Bewölkung komplett auf. Man sah starken Raureif an den Bäumen und auf den Wiesen, als Zeichen dafür, dass es hier den ganzen Tag kein Sonnenstrahl bis zum Boden geschafft hatte. Wir konnten mit dem Sinkflug auf Donaueschingen beginnen. Doch vorher noch einen letzten Vollkreis – um nochmal über das Wolkenmeer zurückzublicken- konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Danach meldeten wir uns bei Langen- Information ab und begannen mit dem Landeanflug auf Donaueschingen. Wir landeten sicher und versorgten den Hubschrauber. Dann noch die Papierarbeit und bei einem Landebier die Nachbesprechung.
Mein Fazit:
Schon der Hinflug war eine Herausforderung, aber der weitaus interessantere und beeindruckendere, und lehrreichere Teil war der Heimflug. Das „VFR on top“ fliegen war für mich eine der schönsten, aber bisher auch grenzwertigsten fliegerischen Erfahrungen im Hubschrauberfliegen.
Der Wetterbericht den wir uns noch vor dem Heimflug erneut eingeholt hatten versprach einen Wolkenlosen Heimflug. Das Wetter lässt sich eben nicht immer genau vorhersagen. Deshalb ist es wichtig, dass man als Hubschrauberpilot eine fundierte Ausbildung erhält, die einem die nötige Erfahrung mit auf den Weg gibt, um auf unvorhergesehene Situationen richtig reagieren zu können.
Danke Kai!
Jakob Heindl