Nicht nur auf das menschliche Leistungsvermögen und die Performance eines Hubschraubers hat die Temperatur Einfluss. Auch die Maschine selbst bringt nur bei gewissen Temperaturen ihre volle Leistung. In einem Robinson R22 oder R44 hat der Pilot hauptsächlich die Triebwerkstemperaturen im Blick. Im Flug sind diese durch gewisse Faktoren wie beispielsweise der Temperatur der angesaugten Luft oder der benötigten Leistung gering beeinflussbar. Dennoch wird der Pilot in seiner Ausbildung und danach immer wieder ermahnt, dass das Aufwärmen und Abkühlen des Triebwerks sehr wichtig sind.
Aber warum?
Es wird zusätzlicher Treibstoff benötigt und wenn man in Eile ist, mangelt es auch noch an der Zeit dafür. Der Motor würde auch im Flug warm werden (sogar schneller!) und abkühlen kann dieser auch nach dem Flug ohne das Zutun eines Piloten in der Halle. Also warum sollten diese Ratschläge berücksichtigt werden? Kurzerhand lässt sich sagen, dass die Antwort sich mittelfristig bemerkbar macht. Das Material hat eine längere Lebensdauer und die Maschine weist einen geringeren Wartungsaufwand auf.
Diese Gesichtspunkte machen sich bei dem Kunden direkt bemerkbar, aber was passiert denn im Detail mit dem Material? Der größte Materialverschleiß in einem Motor findet beim Anlassen und Warmlaufen lassen eines kalten Motors statt. Durch das kalte Öl stimmt dessen Viskosität nicht und es bildet sich nicht der benötigte Schmierfilm auf den beweglichen Teilen oder dieser reißt immer wieder ab. Erst wenn das Öl seine Betriebstemperatur erreicht hat, ist es flüssig genug, um seiner Bestimmung nachzukommen.
Es ist also leicht vorstellbar, dass langsamere Bewegungen (niedrige Drehzahl) anfangs besser sind, da das Öl mehr Zeit bekommt, an die notwendigen Stellen zu gelangen. Ein weiterer Punkt liegt in der Werkstoffkunde begründet. Metalle dehnen sich unter Wärmeeinfluss aus, manche mehr, manche weniger. In einem Motor finden sich einige Stellen (Ventile, Kolben, …) an denen Metall direkt auf Metall trifft. Um keine Schäden zu erzeugen ist hierbei eine ideale Passform sehr wichtig. Diese Maße sind jedoch auf Betriebstemperatur ausgelegt, weshalb bei einem kalten Motor einige Toleranzen überschritten werden und erst mit steigender Temperatur auf ihr Sollmaß kommen. Auch hier hält eine langsamere Bewegung den Verschleiß am geringsten.
Auch im Flug ist es wichtig, hin und wieder eine Kontrolle der Motor-Anzeigen durchzuführen. Wenn die vorgegebenen Maximaltemperaturen überschritten werden, führt dies schnell zur erhöhten Abnutzung von bestimmten Bauteilen und dadurch auch zu Schäden.
Nach der Landung ist es wichtig, den Motor langsam abkühlen zu lassen. Würde er auf Betriebstemperatur ausgeschaltet werden, führt dies zu einer raschen Abkühlung. Die Verbrennungsgase, welche sich noch im Zylinder befinden, führen zu einer Kohlenstoff-Ablagerung auf den Ventilschäften der Abgasventile. Zusätzlich tropft heißes Öl auf die abgekühlten Ventile Passiert dies häufiger, wird diese Schicht immer dicker und der Ventilschaft verklemmt sich irgendwann in seiner Führung. Entweder die Kraft der Nockenwelle reicht nicht mehr aus, um das Ventil zu öffnen und die Stößelstange wird verbogen, oder die Federkraft der Ventilrückstellfeder ist nicht ausreichend und der Kolben trifft das offenstehende Ventil. Beide Fälle führen zu einem Streik des Zylinders, einem Leistungsverlust und einem zwingenden Besuch in der Werft. Der Schreck des Piloten, die unnötige Gefährdung im Flug und eine aufwändige Reparatur hätten durch die richtige Bedienung einfach verhindert werden können. Als letzter Punkt ist noch die Dehnbarkeit des Materials zu erwähnen. Rasche thermische Veränderungen führen zu einer schnellen Ausdehnung/Abnahme, was die Werkstoffe hoch belastet und zu Rissbildungen führen kann. Mit der richtigen Bedienung des Motors lassen sich also sehr leicht Gefahren und Kosten vermeiden. Das führt nicht nur zu ungetrübtem Spaß am Fliegen, sondern auch zu einem besseren Gefühl der Sicherheit.
An Tagen wie in diesem Sommer nimmt es einige Zeit in Anspruch, bis der Motor auf die geforderte Temperatur abgekühlt ist. Einige Piloten möchten diese Zeit überspringen und endlich aus dem heißen Hubschrauber aussteigen. Wir plädieren jedoch auf die Einhaltung unserer Vorgaben für das Wohl aller nachfolgenden Piloten und Fluggäste.
Der Bericht wurde von folgenden Personen verfasst:
Dr. Stefan Braun
Kilian Heiß
Denis Link
Kai Naujokat