Checkflugbericht eines Berufspiloten

9 April 2019
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Berufspilot und Fluglehrer Maik berichtet über seinen Standard Checkflug bei HTC:

Mittlerweile kann ich auf 6 erfolgreiche Jahre als Helikopterpilot zurückblicken. Das schöne daran ist, dass man nie auslernt. Selbst bei einem jährlichen Standard Checkflug ließ sich mein
Fliegerfreund Kai wieder etwas neues einfallen.

Zunächst begannen wir eine Platzrunde mit der R44 nach Standardparametern zu fliegen.
Danach folgten eine Platzrunde ohne „Governor „ (automatischer Motor- Drehzahlregler ) es muss also die Engine-RPM selbständig geregelt werden, zu vergleichen mit dem Drehgas eines Motorrads. Da das automatische Drehgas über eine mechanische Verbindung mit dem „Pitch“ korreliert wird, muss ständig ein Auge auf die Drehzahl geworfen werden. Seit ca.20 Jahren gibt es den kleinen aber wirksamen Helfer den „Governor“ jedoch sollte bei versagen des Systems bekannt sein wie man damit umgeht.

Bei den Schwebeflugübungen ohne Governor wird das Gas vom Prüfer mit Vernunft weggedreht bis wir in einen niedrigeren Drehzahlbereich des Hauptrotors kommen und von einem Warnton gewarnt werden. Sobald dieser Ton wahrgenommen wird gilt es möglichst schnell die Drehzahl wieder zu stabilisieren. Als aller erstes das Drehgas aufdrehen und kurz danach den Pitch leicht verzögert senken um Last vom System zu nehmen. Dabei muss ein Sinken von ca.1 Metern in kauf genommen werden. Das ganze wurde 3 mal wiederholt.

Die nächste Übung war das Fliegen ohne Hydraulische Unterstützung. Hierbei wurde im Queranflug auf die Landebahn die Hydraulik mit einem Knopf am Stick abgeschaltet und ein Ausfall simuliert. Da das System ein „Fail-Safe-System“ ist wird bei unserer Simulation die Hydraulik mit Strom ausgeschaltet. Das heißt im Ernstfall wenn der Strom ausfällt wird der Master und der Generator ausgeschaltet und die Hydraulik funktioniert wieder. Um das System zu verstehen muss man wissen, dass auch wenn der Master und der Generator ausgeschaltet ist die Hydraulik aktiv ist.

Bei unserer Vorflugbesprechung wurden außerdem ausführlich besprochen wie die elektrische Kraftstoffpumpe mit Strom versorgt wird. Sie ist über den Kupplungsschalter zusammen mit Rotor RPM und Landelicht geschaltet. Das heißt: müsste im Brandfall die Bordelektronik ausgeschaltet werden würde die Pumpe weiterhin ihren Dienst machen. Zusätzlich ist auch noch eine mechanische Pumpe vorhanden die den Motor optimal mit Kraftstoff versorgt.

Die Übungen des Notverfahren Autorotation wurden anfangs nach Standard-Parametern geflogen das heißt es wurde ein bereits bekannter Punkt auf der Landebahn anvisiert, das Gas auf Kommando abgedreht und zwischen 60-70kt zu Boden bis in das Schweben Rotiert.

Autorotation Nr 3 wurde unangekündigt im Gegenanflug der Landebahn 36 eingeleitet worden.
Hier war die Reiseflughöhe von 3200ft/MSL oder 1000ft/AGL noch nicht erreicht und die Landebahn war in dieser Entfernung kaum zu erreichen. Also musste ein Notlandefeld bestimmt werden. Schnell war eine Wiese im Platzbereich ausgemacht-dort wurde auch sicher gelandet. Das besondere hier war, dass komplett also “Scharf“ bis zu Boden Autorotiert wurde. Sehr wichtig war, dass die Fahrt ganz rausgezogen wurde sodass im schlechtesten Fall ein überschlagen verhindert wird.

Bei Autorotation Nr.4 wurde schon während des Starts in ca 400ft/AGL das Gas unangekündigt weggedreht – hier konnte nur noch in Abflugrichtung ohne Power Recovery scharf Autorotiert werden. Auch wenn diese Übungen von den Standardschulungen abweichen und sehr selten gemacht werden finde ich, ist es eine sehr wichtige Übung um das notwendige Feingefühl entwickeln zu können, darauf kommt es nämlich ganz am Schluss an.

Entspannter liefen die Schräghanglandungen Hangaufwärts und seitlich zum Hang mit jeweils 14° Schräglage ab. Es entstehen sehr unangenehme Vibrationen wenn der Hubschrauber mit dem Stick an den Hang gedrückt wird um ein abrutschen zu verhindern. Die Konstruktion des Rotorkopfes kommt hierbei an seine mechanischen Grenzen.

Anschließend wurden 2 Übungen der Notverfahren durchgeführt wie man mit ausgefallener Heckrotorsteuerung im Flug umgeht. Hierzu nahm ich (als Pilot) meine Füße aus den Pedalen während des Fluges. Bei einem Landeanflug auf die Landebahn wirde normalerweise das Drehmoment an die erforderte Leistung des Hauptrotors angepasst werden. In dem Fall war das aber nicht möglich da die Pedale simuliert geklemmt hatten. Also wurde ein sehr Flacher Anflug in 2 Meter über dem Boden durchgeführt bei einer Geschwindigkeit mit 60 kt.Die Finne stabilisiert den Helikopter, sodass ein Drehen um die Hochachse verhindert wird.

Jetzt muss aber die Speed verlangsamt werden ohne die Möglichkeit den Schub des Heckrotors dem Drehmoment anzupassen. Der Hubschrauber wird mit herausnehmen der Fahrt immer rechtwinkliger zur Landebahnrichtung ausgerichtet. Unter 60 kt muss mit einer Drehung gerechnet werden ( ein kontroverser Zustand bei dem gegen den Verstand gearbeitet werden muss ). Sobald der Helikopter sich dem Stillstand annähert richtet er sich wieder in die alte Flugrichtung da der Heckrotor immer noch den gleichen Schub liefert. Mit leichter Vorwärtsbewegung wird mit rutschenden Kufen aufgesetzt. Das Schwierigste bei der Übung ist zum Schluss den Punkt zu erwischen bei dem der Helikopter unkontrolliert zu drehen beginnt, wenn vorher nicht aufgesetzt werden würde.

Ein weiterer Punkt des Checkfluges war mit einer bisher nur in der Theorie besprochenem simulierten Notfall. „Kabelbrand“! Während des Rückfluges gab es also noch einen Kabelbrand- hierbei muss der Master und Generator OFF . Das heißt alle elektronischen Geräte sind ausser betrieb. Keine Kopfhörer, kein GPS, keine Kreiselinstrumente mehr und vor allem das Niedrigdrehzahlwarnhorn und der Governor ist ebenfalls ausser Betrieb. Also ganz wichtig Drehgas selbständig regulieren.

Die Hydraulik funktioniert noch da diese mechanisch über das Hauptrotorgetriebe angetrieben wird. Nebenbei Frischluft zuführen, seitliche Lüftungsklappen öffnen und nach einem Landeplatz Ausschau halten.

Ist ein geeigneter Platz gefunden geht es in einen zügigen Sinkflug bei dem nur eine Tieferkundung gemacht wird. Mangels Zeit entfiel die Hocherkundung um eventuellen Giftigen Gasen zu entgehen die sich bei einem Kabelbrand entwickeln könnten.

Bei der Landung stehen einem der Airspeedindicator der keinen Strom benötigt und die Engine/ RotorRPM zur Verfügung da diese zusammen mit der Hydraulik und dem Landescheinwerfer über die Clutch (Kupplung) geschaltet sind. Das heisst auch wenn der Bordstrom abgeschaltet ist hat man doch noch ein paar wichtige funktionierende Instrumente zur Verfügung.

Zum Abschluss des Trainings gab es noch eine simulierte Gebirgskammlandung bei der nur im hinteren Kufendrittel an einem Erdhang aufgesetzt worden ist um dem Notarzt der sich in den hinteren Türen befindet das aussteigen zu ermöglichen der Zustand musste gefühlte 2-3 min gehalten werden.

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