Flugschülerbericht
Ein Bericht über das Notverfahren von einem unserer Flugschüler.
Notverfahren haben einen großen Stellenwert in der Ausbildung zum Hubschrauberpiloten. In einer Notsituation tritt häufig eine Stresssituation für den Menschen auf und Abläufe lassen sich bei weitem nicht so realisieren wie bei einem normalen Flug. Deshalb ist es wichtig die einzelnen Notverfahren regelmäßig zu trainieren.
In diesem Artikel sprechen wir konkret die Autorotation bei einem Hubschrauber des Typs Robinson R-22 an. Der Begriff Autorotation ist ein Akronym für selbstständiges Drehen. Als Autorotation beschreibt man eine Landung ohne Triebwerksleistung, beispielsweise nach Triebwerksausfall. In den folgenden Dokumenten wird dieses Manöver Detailreich beschrieben (bei einem Heli R-22):
Das bunte Tafelbild zeigt die Blatttheorie im normalen Flugzustand mit Triebwerksleistung auf der linken Seite, sowie rechts ohne Triebwerksleistung. Wie an dem dunkelblauen Auftriebsvektor zu sehen ist, saugt sich das Rotorblatt in der Autorotation ähnlich dem Wirkungsprinzip eines Windrads in Drehrichtung.
Um die gelernte Theorie erfolgreich umsetzen zu können, findet am kommenden Tag die Praxisschulung statt. Nach ausführlichem Briefing mit allen wichtigen Parametern wie Anflughöhe, die verschiedenen Arten der Autorotation und dem Bezug zum Wind; starten wir in einige Platzrunden zum „Aufwärmen“. In dem Zuge bespricht man noch einmal den Ablauf.
„Pitch runter, rechtes Pedal & Stick an Bauch“
Ein Satz der wohl jedem Piloten eines linksdrehenden Hubschraubers bekannt ist.
Der Flugplatz Donaueschingen liegt in 2230 Fuß über dem Meeresspiegel. Die an dem Tag auftretenden meteorologischen Parameter sind ein Luftdruck von 1017 hPa, sowie Wind aus 180° mit fünf Knoten. Eingeleitet wird die Autorotation über der Schwelle 18 in 1000 Fuß, respektive 300 Meter über Grund.
Im Vorfeld flogen wir bereits 03:47 h / 27 Standard Autorotation, so dass mir die Thematik bereits bekannt war. Ich war in der Lage Autorotationen selbstständig einzuleiten und feinfühlig Fahrt und Drehzahl zu regulieren. Der nächste Schritt ist, mit Fahrt, Drehzahl und fliegerisch den Aufsetzpunkt zu bestimmen.
Wir fliegen verschiedene Arten der Autorotation, die im realen Leben bei unterschiedlichen Platzverhältnissen genutzt werden. Fliegt der Hubschrauber beispielsweise über freies Gelände und erleidet einen Triebwerksausfall, so dreht der Pilot die Maschine nach Möglichkeit in den Wind und landet auf der Fläche seiner Wahl. Fliegt er jedoch über bewaldetes Gebiet mit nur wenigen Lichtungen, muss er je nach relativer Ausrichtung zur freien Fläche eine Variante kennen, um den Hubschrauber sicher bis zum Boden zu manövrieren.
Wir beginnen mit der „Standard-Autorotation“. Laut Herstellerangaben wird mit 60 – 70 Knoten bei 104% Rotordrehzahl autorotiert. Dabei gleitet der Hubschrauber 1050 Meter weit. Im nächsten Durchgang erhöhen wir die horizontale Geschwindigkeit auf 70 – 75 Knoten und reduzieren die Rotordrehzahl auf 90%. Dadurch gleitet der Hubschrauber bis auf 1250 Meter, bevor wir den Boden erreichen.
Um einen sehr nahen Landeplatz anfliegen zu können folgen nun zwei Varianten. Zunächst fliegen wir nach dem Einleiten eine Schleife. Wir brechen also aus dem „starren“ Gleitpfad nach links oder rechts aus, fliegen ein Stück parallel und drehen dann wieder zurück. Die horizontale Distanz beträgt dabei lediglich 200 Meter. In der zweiten Variante wird der Hubschrauber abgebremst bis er senkrecht sinkt und anschließend wieder Vorwärtsfahrt aufgenommen. Jedoch gleitet er bis zum Abschluss des Verfahrens 400 Meter vom Ausgangspunkt.
Jedes der angesprochenen Verfahren wurde mehrfach durchgeführt. Somit wurden die verschiedenen Möglichkeiten einleuchtend dargestellt und verinnerlicht. In kommenden Flugstunden werden diese dann wiederholt und gefestigt und über freiem Gelände trainiert.
Um die Frage aus dem Titel nun zu beantworten: „JA! – Ein Hubschrauber kann auch sicher ohne Triebwerksleistung gelandet werden.“