Üben und vertiefen der Notverfahren

21 Juni 2016
21 Juni 2016, Kommentare 0

Heute wollen wir die Notverfahren weiter üben und vertiefen. Nur durch eine stetige Wiederholung der Verfahren ist gewährleistet, dass ich als Pilot in einer Notsituation ruhig und bestimmt handeln kann. Daher freue ich mich immer auf diese Schulungseinheiten, denn hier wird Sicherheit geschaffen und ich bekomme mehr Selbstbewusstsein für Notlagen.

Unsere heutiges Ziel ist es, den geforderten Landepunkt, in einem Kreis von 50m, mit einer Autorotation zu erreichen. In meinen vorherigen Berichten habe ich bereits das Notverfahren Autorotation beschrieben, hier könnt Ihr es gerne nachlesen:

Wenn das Triebwerk ausfällt – Das Notverfahren: Autorotation

Session am Vormittag

Um die Safety-Notice no. 27 einzuhalten, fliegen wir zuerst eine komplette Platzrunde.

Safety Notice No.27 RH22

Dann beginne ich mit der ersten Autorotation, welche ich in 1000ft / AGL (über Grund) selber einleiten soll. Bedingt durch die absinkende Wolkenuntergrenze muss ich die AR (Autorotation) jedoch aus 500ft / AGL einleiten. Wir setzen als Einleitpunkt der AR, die Schwelle der Piste 18 fest.

Die AR klappt einwandfrei, ich führe Sie kontrolliert und mit einem sicheren Gefühl aus. Auch Kai ist sehr zufrieden mit der Leistung. Ich habe an alle Checks und Parameter gedacht.

Bei den nächsten 3 ARs dreht mein Fluglehrer das Gas weg, jeweils über der Schwelle der Piste 18. Wir kommen 600m weit, was nachher als Referenzwert zu den veränderten Autorotationen sehr interessant ist.

Autorotation für Fortgeschrittene

Nun folgen ARs welche verkürzt/verlängert werden oder der Landepunkt genau unter einem liegt. Dies erfordert zusätzlich Konzentration und Geschick. Folgende Einheiten haben wir geübt:


3x verkürzte Autorotation

Die Strecke verkürze ich durch Fliegen einer U-Schleife in der Autorotation. Damit kann ich die in der Standard-AR benötigten 600m, auf 200m nach dem Einleitpunkt (Schwelle Piste 18) verkürzen.

3x verlängerte Autorotation

Ich verlängere die AR in dem ich nach dem Einleiten die Drehzahl bei 90% und die Fahrt auf 70-75 Kias reduziere. Wir kommen 750m weit, also rund +150m zur Standard-AR weiter.

3x 180° Autorotation

Nun muss ich nach dem Einleiten sofort eine 180° Wende fliegen um zu meinem Landepunkt zu kommen. Dazu steuere ich stark links und halte meine Fahrt bei 50-60KIAS, dass ist wichtig damit im starken Kurvenflug die Drehzahl nicht weiter ansteigt. Nachdem die Wende ausgeführt ist, beginne ich zu flaren bis ich im Schweben bin.

3x 360° Autorotation

In diesem Fall liegt der Landepunkt genau unter mir. D.h. ich fliege ein 360° Kurve, in Form eines spitzen Ei’s. Auch hier muss ich wie bei der vorherigen 180° AR auf die Fahrt achten, um die Drehzahl konstant zu halten. Die Schwierigkeit ist hierbei, die Kurve so auszulegen, dass man den gewünschten Landepunkt samt flare erreicht. Das Richtige einteilen der einzelnen Abschnitte erfordert Übung und Erfahrung.


Geschafft!

Nachdem wir alle Einheiten geflogen sind, bin ich ganz schön fertig. Es raubt einem enorm viel Kraft und Konzentration. Vor allem weil wir den Schwierigkeitsgrad mit der Dauer der Session immer weiter hoch gefahren haben. Aber das war gut so, denn die Notverfahren sollen einwandfrei sitzen, gerade in Stresssituationen.

Mein Fluglehrer nimmt den heutigen Tag als Vorbereitung für die nächste Einheit, in welcher wir die Autorotationen im Überlandflug mit einbauen werden. In der ersten Stufe wird noch mit Ansage des Fluglehrers das Gas weggedreht, in der zweiten Stufe ohne. Das Trainingslevel wird also noch steigen – ich bin gespannt!

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Kleine Lehrstunde am Nachmittag

Nach der Mittagspause gibt es noch eine kleine Lehrstunde für mich. Mein Fluglehrer möchte, dass ich die heutige HOGE (Schweben ohne Bodeneffekt) Performance errechne und diese während des Fluges beobachte. Evtl. abnormale Leistungsparameter soll ich erkennen und deren Ursachen feststellen.

HOGE PERFORMANCE: 4.800 ft
MCW: 622 kg
ISA: +9°

Zuerst testen wir im Schwebeflug die Vergasereinstellungen. Folgende Werte ergeben sich:

Vergaservorwärmung – KALT: 22,5 inch (Temperatur 1° im gelben Bereich)
Vergaservorwärmung – soweit ein, dass  Temperatur+2° im gelben Bereich: 23 inch
Vergaservorwärmung – VOLL: 24 inch

Maximum HOGE – Praxistest

Wir fliegen auf 4.800ft (Höhenmesser auf 1013hpa eingestellt) und gehen ins Schweben über, d.h. 0 KIAS Fahrt. In dieser Höhe darf ich nach meiner Tabelle höchstens 23,8inch Leistung ziehen. Diese benötige ich auch um zu schweben. Der Variometer zeigt 0 an.

Dies halten halten wir 30sec. lang, dann möchte Kai, dass ich den Pitch ziehe und die Drehzahl beobachte. Das Low-RPM Signal ertönt und die Drehzahl sinkt. Ich recover in dem ich den Pitch wieder senke.

Daraus resultiert, wenn man HOGE-Performance für einen Einsatz benötigt, ist eine ausreichende Vorbereitung und Prüfung erforderlich. Dazu gehört:

  1. ISA (+) oder (-)
  2. Höhenmesser auf 1013hpa einstellen
  3. Abgleichen der OAT
  4. HV-Diagramm prüfen
  5. Empfehlung des Fluglehrer: auch wenn die Papierlage stimmt, einen Powercheck machen.

POWERCHECK (für RH22 Beta)

Die Fahrt mit: 53KIAS (ohne steigen/sinken, Vario=0) halten und die Vergaservorwärmung: Kalt.

Dann MAP (Leistung) ablesen, wenn man +7inch Leistung dazu addieren kann und kurzfristig dies mit Übergangsauftrieb testen kann, ist HOGE Leistung gewährleistet.

Kai merkt trotzdem an, wenn man Freunde oder Bekannt fliegt und man beispielsweise vor einer Sehenswürdigkeit schweben soll, dies zur Sicherheit mit 30KIAS Vorwärtsfahrt machen, um nicht in den VORTEX Ring zu kommen.

Hovern über’s Weizenfeld…

Zum Abschluss des heutigen Schulungstages soll ich in geringer Höhe über die Weizenfelder auf unserem Flugplatzgelände schweben. Mein Fluglehrer lässt mich dabei verschiedene hover Übungen durchführen. Ich soll mal seitwärts, mal rückwärts schweben, dann absetzen mitten im Feld und wieder abheben.

Über dem Weizenfeld benötige 23,5inch Leistung, Kai erklärt mir, dass der Weizen unter uns wie ein Schwamm ist (und nicht ein harter Untergrund). Er saugt die Luft auf und der Bodeneffekt reduziert sich enorm.

Es macht ganz schön Laune so tief über das Feld zu fliegen, jedoch erschließt mich der Sinn zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz.  Als ich dann wieder auf den Asphalt-Rollweg schweben soll, merke ich, dass ich in normaler Hoverhöhe 24,5inch Leistung zum schweben benötige. Dies ist aber definitiv an der Leistungsgrenze.

Da stimmt doch etwas nicht? Kai möchte meine Einschätzung wissen.

Ich überlege und da kommt es mir wie ein Blitz in den Sinn. Ich vermute der Weizen, welchen wir durch den Abwind nach oben wirbeln, hat die Rotorblätter verschmutzt. Dies hat einen deutlich negativen Effekt auf das Profil und den daraus resultierenden Auftrieb.

Dies bestätigt mir Kai und als wir nach dem Abstellen des Hubschraubers die Rotorblätter inspizieren, traue ich meinen Augen nicht. Aber seht selbst:

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