Der Rundflug startete auf einer Freifläche bei einem lokalen Unternehmen. An den Eckpunkten der Fläche standen jeweils Lichtmasten. Somit war der Pilot gezwungen, vertikal zu starten und zu landen. Bei vertikalen Starts ist am meisten Leistung seitens des Triebwerks gefordert, da dem Hubschrauber keine horizontale Windkomponente für den Auftrieb zur Verfügung steht, wie im Vorwärtsflug. Eine hohe Außentemperatur beschert einem Triebwerk allerdings auch weniger Leistung, da die angesaugte Luft bereits im Gegensatz zu kalter Luft expandiert ist und sich somit bei der Verbrennung nicht mehr groß ausdehnen kann. Zudem ist die Kühlfähigkeit der warmen Luft beeinträchtigt und somit die Zylinderkopf- und Öltemperatur dauerhaft höher. Wenn nun alle Sitze belegt sind und gegebenenfalls auch die Gepäckfächer genutzt werden, kommt der Hubschrauber schnell an die Leistungsgrenzen und kann eventuell einen vertikalen „Take-off“ nicht mehr bewältigen.
Doch die heiße Außentemperatur beeinträchtigen nicht nur die Technik. Auch der Pilot, bzw. die Besatzung des Hubschraubers ist davon betroffen. Studien belegen, dass körperliche und geistige Leistungsfähigkeit bei Hitze erheblich eingeschränkt sind. Die Wahrscheinlichkeit für Fehler nimmt zu und das Unfallrisiko steigt. Für Temperaturen bis 30°C werden in der Literatur körperliche und geistige Leistungseinbußen von 30% und mehr angegeben, die Reaktionsgeschwindigkeit und Koordinationsfähigkeit nimmt um bis zu 25% ab. Ab 35°C wird von einer Halbierung der Reaktionsgeschwindigkeit ausgegangen.
Dies geschieht lange vor Symptomen von Hitzeschäden wie gefährlichem Anstieg der Körpertemperatur (Hitzschlag), erhöhtem Flüssigkeitsverlust (Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps) oder Strahlungsschäden (Sonnenstich).
Die folgenden Empfehlungen können an heißen Tagen helfen, mit diesen Einschränkungen umzugehen und Hitzeschäden zu vermeiden.
Arbeitsumfeld:
– Aufenthalt in praller Sonne vermeiden
– Kleidung und Kopfabdeckung mit UV-Schutz sowie eine gute Sonnenbrille sind Pflicht
– Luftige und Schweißabsorbierende Kleidung hilft dem Körper beider Temperaturregulation
– Regelmäßige Ruhepausen an schattigen und kühlen Orten einplanen
– Hubschrauber möglichst im Schatten abstellen, Kabine abdecken, Fenster / Türen geöffnet lassen
– Beim Fliegen für gute Belüftung in der Kabine sorgen
– Einsätze und Arbeit im Freien auf die frühen Vormittags- und späten Nachmittagsstunden legen
Ernährung / Trinken / Abkühlung
– Ausreichendes und häufiges Trinken (2 und mehr Liter, je nach Situation)
– Mineralreiche Wasser mit Zimmertemperatur, Fruchtschorle, Gemüsebrühe bevorzugen (eiskalte und stark zuckerhaltige Getränke sind weniger geeignet)
– Leichte Kost (Wasserreiches Obst, Gemüse, Salat und Nudeln, Fisch oder mageres Fleisch) in mehreren kleinen Portionen
– Unterarme in kaltes Wasser halten, kaltes Fußbad, Aufenthalt in (mäßig) gekühlten Räumen
– Fliegerische Tätigkeiten sollten bei folgenden Anzeichen sofort eingestellt werden, sowie kühle, schattige Orte aufgesucht und ggf. Hilfe eingeholt werden:
– Schwindel, Unwohlsein, Benommenheit
– Kopfschmerzen
– Nackensteifigkeit
– Kollapsneigung
– Rote heiße Haut ohne Schweißproduktion
Wir lernen daraus, dass bei heißen Temperaturen wie wir sie diesen Sommer über haben große Vorsicht geboten ist und genauso hohe Sicherheitsmargen eingeplant werden müssen. Zusätzlich zur regulären Flugplanung setzen wir insbesondere nun auf die sogenannten HIGE und HOGE Tabellen bevor wir einen Einsatz zusagen. HIGE steht für Hover in ground effect, HOGE = Hover out of ground effect. Die beiden Tabellen geben an, in welcher Höhe der jeweilige Schwebeflug, bezogen auf die aktuelle Temperatur noch durchführbar ist. Befindet sich der Hubschrauber im Bodeneffekt, so ist die erforderliche Leistung geringer, da das erzeugte Luftkissen unterhalb der Maschine zum Auftrieb beihilft. Aus diesem Grund ist ein Schwebeflug im Bodeneffekt immer in größerer Höhe möglich als außerhalb. In den nachfolgenden Tabellen können Sie den Unterschied zwischen HIGE und HOGE erkennen.
Für die Luftfahrt und deren Berechnungen wurde eine Normatmosphäre eingeführt, die sogenannte ISA (international standard atmosphere). Sie bildet die idealisierten Eigenschaften der Atmosphäre ab und wird so als Norm für Berechnungen abweichender Werte, basierend auf den jeweiligen lokalen Bedingungen angewandt. Die festgelegten ISA Werte sind:
15°C, 1013,25 hPa, 1,225kg/m² in Meereshöhe. Für diesen Artikel ist die Temperatur interessant. Pro 1000ft / 300m sinkt die Temperatur um 2°C. Der Flugplatz Donaueschingen liegt auf 2231ft. Zur einfacheren Berechnung runden wir auf 2000ft ab. Die Temperatur laut ISA am Platz beträgt also 11°C.
Die ersten beiden Tabellen beziehen sich auf die Werte laut ISA.
Wir beginnen mit dem ‚Gross Weight‘ des Hubschraubers auf der unteren Seite der Tabelle. In diesem Fall mit 2451 lbs und ziehen eine senkrechte Linie nach oben, bis sie auf die Schräge des Standard Tags trifft. Von dort aus geht’s im rechten Winkel nach links an den äußeren Rand. Dort lässt sich nun die Höhe für HIGE ablesen. ~ 9600ft
Dasselbe findet auf der Tabelle für die HOGE Berechnung statt.
Hier ist der Wert 5600ft und somit 4000ft geringer.
Nachfolgend kommen die Tabellen für die aktuellen Daten an diesem Tag. Die Temperatur betrug 37°C. Wir beginnen wieder mit dem ‚Gross Weight‘ des Hubschraubers auf der unteren Seite der Tabelle und ziehen eine senkrechte Linie nach oben, bis sie auf die Schräge der jeweiligen Temperatur trifft. Von dort aus geht’s erneut im rechten Winkel nach links an den äußeren Rand. HIGE und HOGE sind nun signifikant geringer. Die Leistung des Hubschraubers nimmt also aufgrund der heißen Temperatur rapide ab.
Im kommenden Monat beleuchten wir die Notwendigkeit des Aufwärmens und Abkühlen des Motors und die sicherheitsrelevanten Zusammenhänge.
Der Bericht wurde von folgenden Personen verfasst:
Dr. Stefan Braun
Kilian Heiß
Denis Link
Kai Naujokat